SCHÜTTGUT

Im Unverpackt Laden "Schüttgut" in Stuttgart West kommt es durchaus mal vor, dass ein Nachbar am Samstag vormittag in Pyjama Hose hereinkommt und seine leere Müslischale mit frischen Flocken und Nüssen auffüllt. So unkompliziert und entspannt ist die ganze Stimmung bei Jens Peter Wedlich in seinem Laden.

Nach über 20 Jahren in der Chemie- und Schweröl Industrie begann sich der Meeresliebhaber und Fischerei Experte eines Tages intensiv mit Umweltfragen auseinanderzusetzen und stieg neben seinem Beruf ehrenamtlich bei Greenpeace Stuttgart ein.

Jens-Peter wollte sich nicht nur selbstverwirklichen, sondern auch einen Unterschied in der Welt machen. So eröffnete er vor 2 Jahren den ersten und bisher noch einzigen Unverpackt Laden in Stuttgart.

Jens-Peter: "Jeder sollte den Mut haben kleine Schritte zu tun. Ob das die eigene Selbstverwirklichung oder die Abfallvermeidung betrifft – die Menschen sollen in Bewegung kommen, das braucht unsere heutige Gesellschaft."

Und dass Bewegung nach Stuttgart kommt, das hat Jens-Peter Wedlich mit seinem Unverpackt Laden "Schüttgut" auf jeden Fall geschafft.

Lieber Jens-Peter, erzähle mir ein bisschen über dich, deinen bisherigen Werdegang und wie es zu „Schüttgut“ kam.

Jens-Peter: Ich bin gebürtiger Stuttgarter und habe nach meinem Abitur 2 Jahre als Zeitsoldat gearbeitet. Meine Aufgabe war es, Atomsprengköpfe zu bewachen. Ich sage immer das war meine erste Berührung mit „der dunklen Seite der Macht“. Nach dieser Zeit habe ich in der Chemiebranche gearbeitet und bin schlussendlich bei einem mittelständischen Mineralöl Unternehmen gelandet und war für den Bereich Schweröl verantwortlich.

Irgendwann kam bei mir die berühmt-berüchtigte Midlife-Crisis auf und ich begann vieles in meinem Leben und um mich herum in Frage zu stellen. In dieser Zeit kam es zu meinem ersten Kontakt mit Greenpeace und ich begann mich ehrenamtlich im Bereich der Meere zu engagieren. Das war auch das erste Mal dass ich mit dem Thema Plastik in der Umwelt in Berührung kam.

Eines Tages kam mein Arbeitgeber nach 20 Jahren auf mich zu und hat mir sozusagen den „goldenen Handschlag“ gegeben. Äußerlich war da viel Enttäuschung und Trauer, doch innerlich dachte ich: geil, endlich passiert etwas in meinem Leben!

Die ganze Zeit über hat mir bei meiner Arbeit in dem Unternehmen die Wertschätzung gefehlt und daher war dieser Bruch sehr wichtig und heilend.

Zu dieser Zeit kam in Berlin der Laden „Original Unverpackt“ auf und hat eine riesen Welle geschlagen und auch ich habe mich zu dieser Zeit intensiv mit diesem Thema beschäftigt.

Es hat eine Weile gedauert bis ich diese Ladenfläche hier gefunden habe, aber das Warten hat sich sowas von gelohnt. Alles, was wir hier geben, bekommen wir 1000fach zurück und das ist so viel mehr wert als die Kassen voller Geld. Ich kann also wirklich behaupten, "Schüttgut" ist eine Arbeit die mich glücklich macht.

"Schüttgut" ermöglicht es mir, dass ich von Stuttgart aus – wenn auch nur ein kleines bisschen – verhindern kann, dass Plastik in die Meere gelangt. So sollte jeder Mensch für sich versuchen, jeden Tag ein bisschen „die Welt zu retten“. Jeder kleine Schritt zählt. Ich möchte hier aber keinesfalls mit mit erhobenen Zeigefinger dastehen – es soll Spaß machen!

Was ist das Besondere an deinen Produkten?

Jens-Peter: Ich bin zwar ein bio zertifizierter Laden, aber allen voran geht es mir um die Nachhaltigkeit und die Wertschätzung gegenüber der Umwelt und den Tieren und fairer Handel mit fairen Löhnen. Hinter den Bananen und der Schokolade die wir hier anbieten, stehen soziale Projekte die wir unterstützen. Feilschen ist für uns der falsche Ansatz.

Viele Produkte bekomme ich von Landwirten die ich selbst besucht und kennengelernt habe, das ist mir wichtig.

Was magst du an Stuttgart?

Jens-Peter: Da ich gebürtiger Stuttgarter bin, ist Stuttgart für mich in erster Linie ganz klar Heimat.

In Bezug auf den Laden muss ich sagen, dass wir hier in der Vogelsangstraße unglaublich herzlich willkommen geheissen wurden. Wir haben in nur 2 Jahren so viele tolle Bekanntschaften und auch enge Freundschaften hier aufgebaut. Es ist ein richtig tolles Miteinander mit den Menschen und den anderen Geschäften. Der „dörfliche Charakter“ mitten in der Stadt begeistert mich jedes Mal aufs Neue.